Vortragsabend „Drei nach 5“

Stadtökologie crossover – „Da müssen wir ran“

Dass eine zukunftsfähige gebaute Umwelt interdisziplinär und übergreifend entwickelt werden muss, wurde beim Vortragsabend „Drei nach 5“ deutlich. Der Treffpunkt Architektur Oberbayern hatte in Kooperation mit der Stadt Penzberg und der VHS zu drei Impulsvorträgen zur zukunftsfesten Stadt an der Schnittstelle zwischen Bauen und Ökologie in den Bürgerbahnhof Penzberg eingeladen.
Nach Begrüßung durch Stadtbaumeister Justus Klement und Landschaftsarchitekt Harry Dobrzanski vom TAO konnte Prof. Ferdinand Ludwig (TUM) die Chancen wachsender Architektur mit brillanten Bildern und Neugier wie Begeisterung weckenden Versuchen und Forschungserbnissen zeigen. Wiederum wurde deutlich, wie sehr das Nomen- und Vorschriftswesen Ideen wie Baumfassaden oder statisch langfristig tragend eingesetzte Pflanzen erschweren, obwohl es jahrhundertealte Beispiele von Baumbrücken in Indien bis zur deutscgen Tanzlinde gibt. Wenn jedoch eine integrierte Planung von Beginn an mit mutigen Bauherren zusammentrifft, dann können Städte oder Straßen zu grünen Räumen werden. Ein Ökoquartier in Bamberg mit dem Ziel, durch den Bau den ökologischen Gesamtzustand – bei ehrlicher Bilanzierung durch die TUM – tatsächlich im Vergleich zum Ausgangszustand zu verbessern zeigt, wie hoch die Latte gelegt werden kann.
„Bunt und voller Leben“ auf öffentlichen Grünflächen, die „eh da“ sind – Naturgartenplanerin Ingrid Völker zeigte neue gärtnerische Konzepte, mit denen eine vielfältige Flora bei gleichzeitig guten Effekten im Pflegeaufwand erreicht werden kann. Die humorvoll und praxiserprobt vorgetragene Herangehensweise („unterschätze niemals die Macht des Bauhofs“) zeigte, dass uns nichts hindert, Grünflächen naturnah zu entwickeln. Solange der ökonomische Druck auf die Landwirtschaft so hoch ist, bleiben diese „eh-da“-Flächen ein wertvoller Trittstein für viele Arten.
Benedikt Sunder-Plassmann, Architekt und Vorsitzender des Wessobrunner Kreises, packte die berufliche Praxis an zwei Enden – er zeigte das Potenzial des Umbauens und Weiter-Bauens zum einen von der Qualität der Architektur sowie zum anderen vom Klimaschutz her. Den bekannt hohen Beitrag des Bauens an der CO2-Erzeugung wie auch am Müllaufkommen kann man durch keine Maßnahme so reduzieren wie durch die Arbeit an der bereits gebauten Masse, durch Sanierung und Umbau. Die Betrachtung der Baumasse – von ca. 18 Mio. Gebäuden in Deutschland sind 16 Mio. Einfamilienhäuser oder Doppelhäuser – war Anlass der siedlungsbaulichen Konzepte, die aus dem Wessobrunner Kreis heraus entstanden sind. Auf den oft großen Grundstücken finden sich meist wenig flexibel nutzbare Häuser, die nur wenige Jahre voll genutzt sind und dann in älteren Jahren zur Last werden können. „Da müssen wir ran“ – intelligente Eingriffe und Erweiterungen müssen diesen großen Bestand an Gebäuden tauglicher für diverse Lebenssituationen und Generationen machen und können damit gleichzeitig eine gemischtere Bewohnerstruktur schaffen, die den Dörfern gut tut. Für dieses strukturelle Problem, das massenhaft in der Bundesrepublik zu finden ist, wurden konkrete und typologische bauliche Eingriffe vorgestellt.
Mit diesen aus unterschiedlichen Schwerpunkten, vom Leben, von tatsächlichen Bedürfnissen her gedachten und in der Praxis gelebten Ansätzen stießen die drei Vortragenden auf große Resonanz bei den über 50 BesucherInnen der Veranstaltung, zu denen erfreulicherweise auch ein P-Seminar des örtlichen Gymnasiums gehörte, das sich dem klimagerechten Bauen widmet. Eine Neuauflage ist geplant.

Prof. Ferdinand Ludwig im Penzberger Bahnhof Foto: Harry Dobrzanski